Es ist Sommer, die Zeit fliegt dahin und ich habe bereits seit 2 Monaten keinen Beitrag mehr auf der Seite gemacht. Ich versuche die Facebook Seite und den Instagram Stream am laufen zu halten aber zum wirklichen runterschreiben fehlt mir momentan einfach die Zeit und teilweise auch die Inhalte. Ohne Rennen und das ganze drumherum ist doch ein bisschen wenig los. Doch ich will hier ja auch nicht nur über Cyclocross schreiben und so nehme ich nun meine gestrige Ausfahrt zum Anlass euch zu berichten.
Zwischen viel Zeit auf verschiedenen Events habe ich in den vergangenen Wochen immer wieder versucht nochmal schnell Abends oder zumindest an einem Tag des Wochenendes ein paar Kilometer auf dem Bike zusammen zu bekommen. Das hat soweit gut funktioniert und ich habe zumindest meine Grundfitness von der Flandernrundfahrt soweit halbwegs aufrecht erhalten können.
Im Verlauf der letzen Woche kam meine Frau auf mich zu und fragte mich ob ich nicht Lust hätte ihr mal wieder mit dem Rad hinterherzufahren. Sie wollte eine Freundin im Odenwald besuchen und es würde ihr reichen, wenn ich erst Abends dazustoße. Von Zuhause in den Odenwald das wusste ich waren auch auf der halbwegs schnellsten Strecke min. 150-170km. Also ran an den Rechner und schnell verschiedene Routen angeschaut. Schnell wurde klar, es gab entweder die Option den kürzesten Weg zu fahren, oder dafür aber bedeutend länger, den Neckartal-Radweg abzufahren und dann in den Odenwald abzubiegen.
Option 1 – ca. 170km
Option2 – ca. 250km
Ich ließ mir beide Optionen eigentlich bis zum morgen der Abfahrt offen. Tendierte von Anfang an aber eher zur 2. Option, länger, dafür flacher. Also stellte ich mir vorab den Wecker auf 5 Uhr, damit ich auch nach hinten raus mehr als genug Zeit hatte.
Da ich meinen Wahoo Elemnt an einen Kumpel verliehen hatte musste ich improvisieren. Die Variante mit Strava App und Handy tut zwar auch, der Akku des Iphones macht jedoch nicht die komplette Strecke mit. Also in alter Mac Gyver Manier noch schnell zwei Powerbanks mit Malerkrepp ans Oberrohr getaped und schon konnte es losgehen.
5:48 Uhr Abfahrt Zuhause, echt frisch um die Uhrzeit also schnell noch einen Windbreaker aus dem Keller geholt. Und los. Nicht wirklich überraschend aber bis hinter Esslingen habe ich keine einzige Person zu Gesicht bekommen. Der Weg war teilweise noch feucht vom Regen in der Nacht aber das Wetter versprach besser zu werden, Wolken mit Sonne und nicht ganz so heiß wie es in den letzten Tagen bereits war.
Den Weg bis Stuttgart kenne ich blind, so fuhr ich vor mich hin und genoß die Ruhe. Ab Stuttgart versuchte ich zunächst der vorgeplanten Route auf meinem Iphone zu folgen, merkte jedoch schnell, dass es genauso einfach war, den Radwegs Schildern zu folgen. Ich hatte eh meine Gravelbereifung drauf und deswegen auch vor Schotterpisten keine Angst. So konnte ich mich von nunan auf den Weg konzentrieren und musste nur wie auf Schnitzeljagd die doch teilweise recht versteckten Schilder ausfindig machen.
Ich war gespannt auf die Orte die da kamen, Freiberg, Marbach, Pleidelsheim, teilweise fährt man direkt durch die Weinberge an den Neckarhängen, teilweise durch alte Städtchen und manchmal ging es auch ganz einfach direkt an der Bundestraße entlang. Diese Teilstücke waren zum Glück recht kurz und ein Großteil der Strecke einfach gut und entspannt zu fahren. Insgesamt übrigens war lediglich der Teil von Eberbach bis Heidelberg, leider der vom Streckenbelag her schlechteste Teil.
Nach den ersten 100 km brauchte ich die erste Pause, ich fand nah am Radweg einen Penny mit Bäckerei und musste diese gleich überfallen. 1x Pizzabrezel, 1x Schinkenhörnchen, 1x Kaffee und 2x Eistee bitte! Das Schinkenhörnchen und der Kaffee wurden gleich vor Ort vernichtet, die beiden Eistee in die Trinkflaschen umgefüllt. Obwohl es der gleiche war den es auch damals in der Schule gab, schmeckt der mittlerweile komplett anders übrigens. Das Brezel wurde vorerst verstaut aber später noch verzehrt.
Der Weg führte mich weiter Richtung Heilbronn, in Besigheim musste ich das erste mal fluchen, weil hier im Ort der Radweg echt schlecht ausgeschildert ist und das ganze nicht wirklich eindeutig zu erkennen ist. Nach Heilbronn geht es weiter und man kommt direkt am stillgelegten AKW in Obrigheim vorbei. Ab hier begann irgendwann der Kampf in meinem Kopf, würde ich die Strecke wirklich schaffen, es waren immernoch 100 km zu fahren oder sollte ich nicht einfach meine Frau anrufen, dass sie mich irgendwo aufpickt. Sie hatte es zumindest angeboten. Ich aß eine weitere Banane und entschloss mich erstmal weiterzufahren.
Weiter fuhr ich Richtung Eberbach, irgendwann rief meine Frau auch noch an, gerade einer dieser Momente in dem die Füße, der Hintern und die Hände besonders weh taten, das Rad irgendwo klapperte und der Belag extra holprig war. „Hallo Schatz…. wo bist du, wie lange brauchst du noch? Du sagst bescheid wenn ich dich irgendwo holen soll?!“ Ich war kurz davor auf der Stelle anzuhalten, das Rad anzulehnen, mir an einem der vielen Biergärten eine Wurst, Pommes und 5 Hefeweizen zu bestellen, nein ich lehnte dankend ab und fuhr weiter. 5 Minuten später kam ich an einem kleine Campingplatz vorbei, hier gab es Eis und Getränke. Ich lehnte mein Rad an die Mauer, holte mir ein Hefeweizen (alkoholfrei) und ein Eis. Neben mir saß ein älterer Herr auch mit dem Rennrad unterwegs. Wir kamen kurz ins Reden und er warnte mich noch, die nächsten Kilometer wären echt bescheiden mit dem Rennrad.
Frisch gestärkt fuhr ich weiter und direkt nach dem Campingplatz ging der Weg in eine Schotterpiste über, teilweise echt tiefe Pfützenlöcher. Höchste Konzentration ich habe zwar viel vertrauen in die tubeless Reifen aber man muss sein Glück ja auch nicht heraufbeschwören. So ging der Weg immer weiter abwechselnd guter Belag, dann wieder Schotterpiste. Hindurch durch malerische Örtchen, hunderte Burgen rauschten an mir vorbei. Zudem wurde das rauschen in meinen Ohren auch immer stärker und ich merkte, dass ich natürlich auch noch mit Gegenwind zu kämpfen hatte, nicht besonders stark aber gerade so, dass er einem nach und nach die letzten Körner aus den Beinen zog.
Plötzlich tauchte vor mir meine Alte Heimat – Heidelberg auf, hier habe ich studiert und sicher eine der besten Zeiten meines Lebens verbracht. Ab hier kannte ich mich wieder aus. Nach Weinheim war es jetzt nicht mehr weit und von dort aus in den Odenwald nur noch ein Katzensprung.
Der Weg nach Weinheim verging wie im Flug. Von dort aus in den Odenwald wurde aus dem Gegenwind ein Rückenwind und der sanfte Anstieg den ich vorher schon gefürchtet hatte war kaum ein Hindernis.
Angekommen! 10 Stunden 19 Minuten, 258km geschafft!
Am Abend nach dem Essen brachte ich die Kinder ins Bett und wurde erst am kommenden Morgen wieder wach! Over and out!